Tornados Tanzmusik


Anstecknadel Tornado
Anstecknadel Tornado

Ungefähr ein halbes Jahr nach Ende des zweiten Weltkriegs machte sich eine Handvoll Mälscher Musiker daran, eine Tanzkapelle aufzubauen. Die Leitung hatte Ludwig Kastner (Klavier und Akkordeon). Mit von der Partie waren noch Josef Balzer, im Dorf besser bekannt als „Herichweiss“ (Schlagzeug), und Karl Weishaupt (Akkordeon). Ganz besonders stolz war man darauf, dass man mit Romy Essig auch eine Dame als Geigerin gewinnen konnte. Ihre Kollegen waren sich sicher, dass sie die Sache noch interessanter machen würde. „Sie ist ein Kamerad. Jedenfalls nimmt sich keiner etwas gegen sie heraus, was nicht am Platze wäre“ versicherte einer ihrer Kollegen damals. Die erste Stammformation komplettierte vermutlich Henry Meyer (Saxophon).

Clemens, Weishaupt, Kassel, Wolf, Wilfinger, Kastner
Clemens, Weishaupt, Kassel, Wolf, Wilfinger, Kastner

Nach ihrer Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft stießen noch Karl Kassel (Trompete) und Hilmar Clemens, gebürtiger Duisburger, als Pianist und Arrangeur um das Jahr 1948 zur „Truppe“. In den 50-er Jahren änderte sich die Besetzung hin und wieder. So unterstützten bzw. ergänzten auch Karl Wolf (Schlagzeug), Willi Karcher (Schlagzeug und Trompete) und Walter Wilfinger (Trompete) das Orchester. Manche Musiker fanden sich auch zu kleineren Ensembles zusammen, wie z.B. dem „Trio Tornado“ oder unterstützten als Einzelmusiker andere Gruppen. Ludwig Kastner, von seinen Kollegen respektvoll „Chef“ genannt, war für seine Jungs und sein Mädel „immer zu erreichen, wenn etwas los ist“, so wird berichtet. Und los war damals eine ganze Menge! Man kann sagen, Ludwig Kastner baute mit seiner Tanzkapelle Tornado für Malsch nach der „Stunde null“ etwas ganz Großes auf.

Nach eigener Meinung der Musiker war die musikalische Qualität zu Beginn nicht so, wie sie sein sollte. So probte man zwei Monate lang, das aber fast allabendlich und am Sonntag, den 3.2.1946 war es dann soweit. In der damaligen Festhalle (heute Tanzlokal Lauinger) fand für die fünf Musiker unter dem Namen „Tornado“ die Premiere vor ausverkauftem Haus statt. Tanzmusik in dieser Form war für Malsch damals etwas ganz Neues. Die Musiker waren sich sicher: „Die Masse wird wahnsinnig werden !!!“ Hinzu kam, dass die Entbehrungen des Krieges noch nachwirkten und die Mälscher in jeder Beziehung ausgehungert waren, auch was das Feiern anbelangte. Nach der darauf folgenden Faschingssaison schrieb Karl Weishaupt im März 1946: „Der erste Karnevalsrummel seit 1939 ist nun vorbei. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass die Menschheit mit einem Minimum an Alkohol so eine Stimmung haben könnte!“

Karl Kassel, Josef Balzer (Herrichweiss), Karl Weishaupt
Karl Kassel, Josef Balzer (Herichweiss), Karl Weishaupt

Bereits zwei Monate später wurde Tornado sogar verpflichtet, auf einem Bankett für französische Offiziere in Muggensturm (d.h. in der französischen Besatzungszone) zu spielen. Die Veranstaltung dauerte von 18 Uhr abends bis 4 Uhr am nächsten Montagmorgen. Das sei eine „harte Nuss“ gewesen, jedoch habe es Weißwein und Hammelbraten in Massen gegeben! Optisch beeindruckt hätten dort besonders ein paar Soldaten der nordafrikanischen Kolonialtruppen in Uniform mit Krummdolch. Das Amerikanisch-besetzte Malsch als Südgrenze zur französischen Besatzungszone schien „die Heerscharen ganz Europas, Afrikas und Amerikas zu Gast gehabt zu haben.“

Auch Waldprechtsweier gehörte zur französischen Zone. Endete dort eine Tanzveranstaltung nach der Sperrstunde, war es für die Besucher wichtig, bei ihrer „Ausreise“ nach Malsch keiner französischen Militärstreife in die Hände zu fallen. Davor hatte man ordentlich Respekt. Ohne Passierschein, „laissez-passer“ genannt, trat man den Heimweg besser unauffällig und schnell über Schleichpfade durch den dunklen Wald an.

Karl Weishaupt, Henry Meyer, Karl Wolf, Karl Kassel
Karl Weishaupt, Henry Meyer, Karl Wolf, Karl Kassel

In der Anfangszeit entsprach die Gage der Musiker für eine Veranstaltung ca. einem bis zwei Wochenlöhnen. Tanzmusik bedeutete also auch einen willkommenen und notwendigen Hinzuverdienst in der von Mangel und Verzicht geprägten Nachkriegszeit. So entstand hin und wieder ein gewisses Konkurrenzdenken zwischen manchen Musikern im Ort. In Malsch waren schon im Mai 1946 - vielleicht aus diesem Grund - Gerüchte zu hören, dass Tornado „aufgeflogen“ sei. Durch die häufigen Engagements und seinen Ruf war der Fortbestand des Orchesters bis zur Auflösung um 1960 herum aber nie gefährdet.

 

Neben Vereins- oder Jahrgangsfeiern und regelmäßigen „Tanzkränzchen“ hatten Tornado- Musiker sehr häufig Auftritte vor amerikanischen Besatzungssoldaten in Malscher Lokalen. An drei Abenden pro Woche (neben 1x Probe!) spielte die Musik für sie immer mindestens bis 23 Uhr, an Samstagabenden sogar bis 4 Uhr morgens. Häufig trat man hier auch nur mit der Besetzung Akkordeon und Schlagzeug auf. Die Bezahlung erfolgte hin und wieder in Form von Schokolade und Zigaretten. Das war Mangelware. Besonders spendabel gaben sich die neuen Beschützer bei Feiern zum Tag des Kriegsendes am 8. Mai. Es gab aber auch Zeiten, in denen der Rubel, besser gesagt, der Dollar, nicht so großzügig rollte. Nach einer solchen Enttäuschung notierte Karl Weishaupt einmal, „wenn sie (die Amerikaner) jetzt wieder Musik wollen, dann sollen sie sich welche auf dem Kamm blasen!“ Die ganz spezielle Stimmung im sogenannten „Texas-Club“ soll die folgende Anekdote „Wilder Westen“ näher beschreiben.

Manche ihrer Instrumente standen den Musikern am Anfang nur leihweise zur Verfügung. Einen Teil der Gage musste man dann später eben als Leihgebühr abschreiben. Um nicht immer „auf Pump“ spielen zu müssen, war geplant, ein Akkordeon gegen eine Uhr und einen Fotoapparat einzutauschen. Dies klappte so leider nicht. Im Mai 1946 gelang es aber schon, ein eigenes Schlagzeug für Tornado anzuschaffen. Was an Zubehör noch fehlte, wurde selbst dazu gebaut.

Ab Mitte 1947 konnte man sogar eine Lautsprecheranlage in der Festhalle nutzen, was die Arbeit der Musiker hier natürlich enorm erleichterte.

 

 

Nun zu den erwähnten Anekdoten, die mir über die frühen Tornado-Tage noch bekannt sind.

Wilfinger, Balzer, Clemens
Wilfinger, Balzer, Clemens

Wilder Westen

 

Tornado konnte, wie erwähnt, schon in der Anfangszeit auch internationale Erfahrungen sammeln, da die Musiker sehr oft für Besatzungssoldaten der US Armee spielten, die in Ettlingen und Umgebung stationiert waren.

Mein Vater, Karl Weishaupt, berichtete mir, dass es im Laufe eines solchen Abends unter den G.I’s durchaus auch zu handfesten Schlägereien kommen konnte. Im „Mahlberg“ habe ein hawaiianischer Sergeant beeindruckender Statur („wenn der in de’ Tür g’schdonne isch, isch es dunkel worre“) einmal den Anfang gemacht. Mit einem Faustschlag zerlegte er locker eine Türfüllung des Lokals.

Dies war für Tornado regelmäßig der Startschuss zum Retten der Musikinstrumente. Josef Balzer positionierte seine Trommel aus diesem Grunde, wenn möglich, in der Nähe eines Fensters. Das teure Instrument konnte dadurch schnellstmöglich ins Freie durchgereicht und somit auf Dauer funktionstüchtig gehalten werden.

Dass diese Ausschreitungen durchaus nicht ungefährlich waren, zeigt folgender Augenzeugenbericht vom September 1946:

„Der Club war acht Tage geschlossen, weil die Amis vor Tagen die gesamte Gaststätte kurz und klein schlugen. Zur Strafe bekamen sie acht Tage Club-Sperre. Dies hinderte aber einen Soldaten nicht, nachdem er blau war, mit dem Messer vier Zivilisten zu verletzen. Die Militärpolizei hat sich allerdings des Falles schon angenommen. Der Junge war sonst ganz umgänglich. Der Alkohol und eine Norwegerin, eine nach Liebe hungernde kleine Katze, haben ihn anscheinend zu diesem Amoklauf veranlasst.“

 

Die Amerikaner seien aber auch missionarisch tätig geworden. Sie machten die Tornado-Crew sowohl mit den neuesten US Schlagern (wie z.B. „In the mood“, „Don’t fence me in“, „My dreams are getting better all the time“ oder „Rock around the clock“) als auch mit ihren exotischen Getränken bekannt. Coca-Cola mit Cognac soll eines der schmackhaftesten und süffigsten gewesen sein. Zur Belustigung der US Soldaten, die gerne für sie Runden schmissen, verfehlte diese „Limonade“ die beabsichtigte Wirkung auf die Musikanten nicht. Das komplette Aussetzen manch musikalischer Untermalung war da nur das geringste Übel.

Anstatt ihr Repertoire fehlerfrei zu intonieren, warfen die angeschlagenen Künstler notgedrungen nur noch dekorativ Handküsse ins durchweg amüsierte Publikum.

Nachdem eines der Opfer jedoch gänzlich über seinem Instrument zusammengesackt war, stellte ein G.I drei Stühle in Reihe auf und legte den Entschlummerten rücklings darauf. Eine brennende Kerze auf seine Stirn gestellt und fertig war das Gesamtkunstwerk. Ein Cola Rinnsal aus dem Mundwinkel des Niedergestreckten habe optisch leicht an einen Lungenschuss erinnert und vervollständigte so das rustikale Gesamtbild.

 

Einem Tornado Mann gelang nach einer solchen Veranstaltung unverhofft doch noch die Flucht ins Freie. Schwankenden Schrittes mit einer Hand an einer Mauer entlang tastend lief und lief er. „Ich geh’ nach Hause“, antwortete er, als ihn eine besorgte Passantin fragte, was er denn da mache. „Dann musch halt die Litfaßsäule loslassen“ riet sie ihm.

 

Des Englischen nur bedingt mächtig erfanden die Mälscher ab und zu sogar ihre eigenen Texte für die Hits aus Übersee. Auf das Lied „Sentimental Journey“ sangen sie wehmütig dreinschauend: „Stellt euch vor, wir hätten was zu rauchen: Lucky Strike und Chesterfield!“ Auch bei deutschem Liedgut zeigte man sich Rauchwaren durchaus nicht abgeneigt. Aus „Zwei Gitarren am Meer“ wurde da schnell: „Zwei Zigarren gibt’s mehr“. 

Auslandsauftritte

 

Tornado war die Hauskapelle der Festhalle. Die Linde, das Theresienhaus oder die Krone waren ebenfalls oft ihre Bühne. Jedoch lockte einmal auch das Angebot, einen Silvesterball im fernen Völkersbach zu spielen. Man belud einen VW Käfer (Trommel auf dem Dach verschnürt) und machte sich auf zur neuen Wirkungsstätte durch den idyllisch verschneiten Bergwald. Allein schon die Anfahrt im überladenen Auto über den rutschigen Gebirgspfad war recht abenteuerlich.

Nach Beendigung des Auftritts kündigte der Wirt dann auch noch zerknirscht an, gerade kein Geld für die Bezahlung der Kapelle parat zu haben. „So ebbes hat’s in Malsch net gäbbe!“Die Musiker zeigten sich entsprechend verblüfft. Einer von ihnen ergriff jedoch die Initiative.

Am Ausgang kehrte er wieder um, lief zur Kellerbar zurück und montierte ein über dem Tresen hängendes Hirschgeweih ab. „Ich geh’ gonz g’wiss net ohne zahlt do raus“, begründete er die Aktion beim Sicherstellen des Gehörns. Ob die geschuldete Gage doch noch floss oder welches Schicksal das Hirschgeweih letztlich ereilte, ist leider nicht überliefert.

 

Bei schneefreien Straßen wurden solche alpinen Auftrittsorte von sportlichen Musikern manchmal sogar mit dem Fahrrad aufgesucht. Der Rückweg nach Malsch endete für sie dann, „nach einer tollen nächtlichen Schussfahrt um 2 Uhr wieder zu Hause. Wir kamen, wenn auch mit rauchendem Freilauf, doch gut herunter!“

Kassel und Tornado Frauen
Kassel und Tornado Frauen

Wirtschaftswissenschaft

 

In den Mälscher Lokalen war Tornado als Publikumsmagnet gern gesehen und gehörte dort irgendwie schon zum Inventar. Es war manchmal sogar nötig, Sitzplätze zu reservieren, wenn sich eine ihrer Veranstaltungen ankündigte. „Gnitze“ Mälscher fanden sich deshalb schon geraume Zeit vor Beginn z.B. in der Krone ein und bestellten der Ordnung halber auch ein Bier, während sie Plätze freihielten. Aus Kostengründen wurde natürlich nichts zu essen dazu bestellt. Das eine Bier nahm über die ausgedehnte Wartezeit auch nur schluckweise ab. Die Wirtsleute waren über diesen sparsamen Umgang mit ihren Ressourcen natürlich nicht sonderlich erfreut, zumal sich dieses Drama auch noch optisch an den Biergläsern dokumentierte. Es zeigten sich da in so manchem Glas dutzende Abdrücke von getrockneten Schaumringen, die sich millimeterweise zum Boden hinunter kringelten.

Den Musikern hingegen wurde, insbesondere von der damaligen Kronen Wirtin, uneingeschränktes Vertrauen entgegengebracht. Dauerten ihr die Feierlichkeiten zu lange, ging sie einfach ins Bett. Zu den Musikern sagte sie kurz „Falls der Hunger hän, ihr wisset wu alles isch.“ So kam es vor, dass sich der eine oder andere der Truppe zwischen seinen musikalischen Auftritten auch noch selbst ein Kotelett beschwingt in die Pfanne haute.

Karl Kassel beeindruckte nicht nur als Trompeter, sondern auch als Koch auf ganz besondere Weise. Er versenkte mit eleganten Würfen quer durch die ganze Küche zielsicher jede Wurst im bereitgestellten Kochtopf. Die Versorgungslage war also wieder gesichert.

Fasching Kassel, Wolf, Clemens
Fasching Kassel, Wolf, Clemens

Mälscher Fasnacht

 

Die anstrengendsten aber auch besten Zeiten hatte Tornado immer zwischen dem Schmutzigen Donnerstag und Aschermittwoch. Glücklicherweise hat sich eine Kurzbeschreibung einer Faschings-Saison aus dem Jahr 1947 erhalten. Sie verdeutlicht anschaulich das musikalische Dilemma dieser harten tollen Tage und liest sich wie folgt:

 

„Freitag:  gespielt auf Wiedersehensfeier des Jahrgangs 1924/25. Dauer bis morgens fünf Uhr. (Vorher waren noch zwei Maskenbälle mit Masken)!

Samstag: 19 bis 24 Uhr Club (Amerikaner), anschließend Kappenabend bis 4 Uhr.

Sonntag:  (allgemein Fasching) 19 bis 20:30 Uhr Club. Von 23:30 Uhr bis 24 Uhr Tanz in einer Kneipe. Abbruch des Rummels wegen Mangel an Begeisterung.

Montag:   bis 12:30 Uhr gearbeitet, anschließend Probe, danach Kostümball bis 0:30 Uhr mit vier Mann gespielt. Die Masse war begeistert und wir für die nächste Stunde erledigt.

Ab 2 Uhr Privatfeier meines Chefs und seinen näheren Bekannten bis morgens um 6 Uhr. Habe die meiste Zeit Musik gemacht.

Dienstag: ab 14:30 Uhr bis so um 18:30 Uhr eingeladen bei einem Weinhändler. Es gab allerdings mehr Schnaps als Wein. Danach Maskenball bis kurz vor 21 Uhr. Nachtessen bei einem Kameraden, der ohne Stärkung wohl kaum mehr auf die Beine gekommen wäre. Ab 22 Uhr wieder in einer anderen Gesellschaft, ebenfalls in einer Weinhandlung eingeladen und zwar bis etwa gegen 2 Uhr. Anschließend Tanz im „Mahlberg“ bis gegen 4 Uhr. Zwischendurch spielten wir, um das Volk bei der Stange zu halten.

Mittwoch:  größtenteils intensives Schlafen! Abends nochmal Club bis 23 Uhr.“

 

Die närrische Jahreszeit machte sich natürlich auch im Styling der Künstler bemerkbar. Jahrgangsfeiern wurden schon mal im „Räuberzivil“ absolviert. Für Bühnenauftritte kam manchmal auch das farbenfrohe Hawaiihemd zum Einsatz. An Fasching bildeten jedoch Kostüme immer kombiniert mit der passenden Kopfbedeckung das Stilmittel, um dem Anlass auch optisch gerecht zu werden.

Die noch erhaltenen Fotos vermitteln zwar einen Eindruck dieser Veranstaltungen, können aber leider nicht die Stimmung wiedergeben, die damals in der Luft lag.

In der Festhalle kam es vor, dass der Saal durch den Andrang und die Ausgelassenheit der Gäste derart zum Kochen gebracht wurde, dass Kondenswasser an den Wänden herunter rann und wie Regen von der Decke tropfte. Der Pianist Hilmar Clemens hatte darunter immer besonders zu leiden, da dieser „Landregen“ die Tasten seines Flügels so stark aufquellen ließ, dass sie sich nach dem Anschlagen verklemmten und im Manual unten stecken blieben.

 

Dass Tornado in der Auswahl seiner Tanzmusik immer auf der Höhe der Zeit war, zeigt folgendes Vorkommnis. Ein etwas älterer Mälscher, wohl eher Anhänger der traditionellen Küchenlieder, fragte einen Musiker kopfschüttelnd, als er ein eng umschlungen tanzendes Paar sah: „Misset ihr immer so Nawwelreiber spiele’?“

Die Künstler verstanden dies als Bestätigung, dass sie in ihrer Liedauswahl hochaktuell und immer auf dem richtigen Weg waren. 

Trudel und Hilmar Clemens
Trudel und Hilmar Clemens

Harmonielehre

 

An den musikalischen Arrangements für Tornado schrieb neben den Musikern selbst (hier ganz besonders Hilmar Clemens) auch Klaus Mitschele aus Muggensturm mit. Beide Familien waren ebenfalls privat sehr eng verbunden.

 

Über die aktive Zeit von Tornado nach 1960 hinaus blieb diese tiefe Verbundenheit zwischen manchen Musikern und vor allem zwischen ihren Frauen ein Leben lang erhalten. Teilten sie doch das Schicksal, auf ihre Männer oft und lange verzichten zu müssen. Viele Proben und Auftritte machten sie an so manchen Abenden zu Strohwitwen daheim oder zu unbegleiteten und dabei recht attraktiven Damen unbeschützt im Publikum.

 

Heiratete ein Musiker der Kapelle, wurde ihm und seiner Braut von Tornado natürlich auch ein Ständerle gespielt. Bei meinen Eltern fand dies zu recht früher Stunde (es muss so kurz nach 5 Uhr morgens gewesen sein) vor der Haustür statt. Um den Orchestersatz zusammen zu halten, schnappte sich mein Vater sein Akkordeon, reihte sich bei seinen Kollegen ein und spielte einfach mit. Nur zuhör’n konnt’ er net!

 

Diese Zeiten waren für alle, die damals auf der Bühne oder im Publikum mit dabei waren, ausgelassen und unbeschwert. Man hatte den Krieg und viele auch die Gefangenschaft überstanden. Nicht wenigen Mälschern war das nicht vergönnt. Aber jetzt feierte man im Ort wieder das Leben- zur Musik von Tornado. „Unsere Musik und der Beifall der Tanzpaare ist im Augenblick mein ganzes Glück“ schreibt Karl Weishaupt am 6.5.1946. Damit sprach er sicherlich für alle Mitglieder seiner „Tornado–Clique“.

 

Dies war wohl nur ein Bruchteil der Geschichten, die Tornado erlebte und mir berichtet wurden. Wenn ich mich daran erinnere, mit welcher Freude mein Vater sie mir erzählte, weiß ich eines aber ganz genau:  

 

Gerne wäre ich damals auch dabei gewesen!

Mario Weishaupt

 

Nach dem erscheinen des Artikels in verschiedenen Zeitungen erreicht uns folgende Information:

Die Tornados hatten einen Spitznamen: Sie wurden die Drei Karle – Clemens Kapelle genannt.

 

Notenblätter der Tornados, Bilder mit Klick vergrößern.