Die Eulenburg
Eine Skizze über Malscher Freizeitgestaltung vor 80 Jahren
Es waren schwere Jahre nach 1918, der Krieg war verloren, das Reich durch die Republik ersetzt. Malsch hatte 118 Opfer zu beklagen und die Bedingungen des Versailler Vertrages und andere Ursachen lasteten schwer auf Deutschland. Viele junge Männer, zurückgekehrt aus dem Krieg waren arbeitslos. Die Inflation brachte Armut überall, Kapital war praktisch nicht mehr vorhanden. Viele Malscher sahen ihre Zukunft in Amerika und wanderten aus. Zuhause half nur die Landwirtschaft über die Runden zu kommen. Wenn auch die Arbeit dort hart und mühsam war, so waren doch das tägliche Brot und ein sehr bescheidenes Auskommen gesichert. Was man hatte war Zeit, Zeit um durch die ausgedehnten Malscher Wälder zu streifen.
Und so mag es eines Tages bei einem dieser Streifzüge am hinteren Sulzberg einigen jungen Burschen in den Sinn gekommen sein, dort eine Hütte zu bauen. Die Lage war gut gewählt: In größerer Entfernung zum Dorf, hart an der Grenze zur Gemarkung von Sulzbach, die zu überschreiten sowohl von hüben wie von drüben nur selten ausgeführt wurde und in einer Umgebung, die noch heute reich an Kastanienbäumen ist.
So konnte man auf Grund der abgelegenen Lage sicher sein, unter sich bleiben zu können.
Baumaterial war in genügender Menge vorhanden. Der Hang dort ist übersät mit Buntsandsteinen jeder Größe und Form und so entstand der erste Bau der „Eulenburg“, wie man diese Unterkunft bald nannte, als pyramidenähnliches Gebilde aus aufgeschichteten Steinen dem man zuletzt ein Dach aus Zweigen und Ästen aufsetzte.
Ein Verein mit dem Namen „Eulenclub Malsch“ wurde gegründet, geschehen im Jahre 1921.
Zeit und auch Steine hatte man genug und so wurde die „Burg“ nach und nach verändert, d.h. man hat sie zuerst verbreitert und etwas höher gemacht, bevor man daran ging vor dem Eingang eine Terrasse anzulegen. Während diesen Arbeiten soll so manches Faß Bier im „Grünen Baum“ oder in der „Krone“ in Sulzbach gekauft und den steilen Klammweg zur Hütte hochgetragen worden sein.
Auf der geräumigen Terrasse fand auch manches „Eulenkestenfest mit Neuem Wein“ statt, ja man kann auf einer der nahezu 80 Jahre alten Fotografien sogar Girlandenschmuck erkennen.
Im Laufe der Jahre veränderte die „Burg“ weiter ihr Ausehen. Sie wurde schöner und wohnlicher. Zuerst wurde der obere Teil wieder abgetragen, das Dach war sicherlich die schwache Stelle, und durch einen Holzaufbau mit Satteldach ersetzt. Die Stirnseite des Holzbaues war mit zahlreichen Deckeln von Blechfässern vernagelt die man beim „Dachpapp-Peter“ herausgeschnitten hatte. Unmittelbar über der Eingangstür war ein großes stilisiertes Edelweiß auf einem Wagenrad angebracht, was dem Aussehen der Hütte einen fast alpinen Charakter verlieh.
Nach und nach wurde auch der untere, aus einer breiten Steinmauer bestehende Teil der Hütte abgetragen und am Ende zeigte sich die Eulenburg als schmucker Holzbau mit blechbeschlagener Eingangstür und eingesetztem Fenster (siehe auch Abb. „Malscher Leben“ S. 302).
Im Inneren befand sich ein ausgebautes, über eine Leiter erreichbares Dachgeschoß, das als Schlafgelegenheit diente.
Neben den Mitgliedern des „Eulenclubs“ war die Hütte beliebtes Ziel von Spaziergängern. Auch den Jägern und Holzarbeitern dürfte sie zu Zeiten als Unterstand gedient haben. Ob sie ebenso von den Malscher Wilderern, die ihre Jagden bis in die Bernbacher Wälder ausgedehnt hatten, als Unterschlupf benutzt wurde, kann nicht beantwortet werden.
Sicher hat sie auch der Reichsarbeitsdienst benutzt der vor Beginn des Frankreichfeldzuges einen, heute noch in Resten sichtbaren Schützengraben entlang des Scheuer- und Sulzberges gebaut hat und der in unmittelbarer Nähe der „Burg“ vorbeizieht.
Das vorläufige Ende der Eulenburg kam dann 1947, sie wurde ganz einfach abgebaut, die Palisaden nach Malsch gefahren und als Brennholz verwendet. Nach einem Vierteljahrhundert war die Episode „Eulenburg“ beendet. Inzwischen hat der Wald wieder Besitz von der Hütte genommen, zwischen den Steinen erheben sich die Bäume und es wuchert das Gestrüpp; der Platz ist heute erneut so weltfern und still wie er wohl vor dem Bau der „Burg“ gewesen sein mag.
Wer daran interessiert ist, die Reste der Eulenburg in Augenschein zu nehmen, dem sei folgender Weg empfohlen:
Vom sogenannten „Messdienerplatz“, dem kleinen Waldparkplatz bei den Mohrenwiesen, geht
es zur Unteren Glasbachhütte der Gesellschaft „Einigkeit“ und dann weiter auf dem Saumweg, den man etwa 350 m weit verfolgt. Danach biegt man nach rechts in einen sanft ansteigenden Forstweg und
erreicht bei einem kleinen, stillgelegten Steinbruch die Klamm des Graibrunnens („Sulzbacher Klamm“). Man wandert auf dem Weg weiter, überschreitet aber nicht die ehemalige Gemarkungsgrenze,
sondern steigt auf nun schlechtem Weg, auf der Malscher Seite bleibend, etwas steiler bergan. Nach ca. 100 m verlässt man diesen Weg und steigt weglos und beschwerlich bergauf wonach man nach
etwa 50 m auf die überwachsenen Reste der „Eulenburg“ trifft. Als Anhaltspunkt kann ein schrägnach rechts aufwärts
ziehender, noch schwach ausgeprägter Schützengraben dienen, der knapp unterhalb der Hütte vorbeizieht. Wer nicht auf dem gleichen Weg zurückwandern will, kann direkt weiter bergauf steigen und erreicht nach wenigen Minuten den „Krautinger Weg“, dicht bei dem mit großen Steinblöcken Weltkrieg II Bunker. Von dort wieder zurück zur Unteren Glasbachhütte.
Zum Schluß möchte ich die Gelegenheit nutzen um unserem Heimatfreund Walter Klein zu danken, der mich an seinen Erinnerungen teilnehmen lies und der so das Zustandekommen dieses Aufsatzes ermöglicht hat.