Wilhelm Wildemann


Herr Wildemann hat viele Jahrzehnte sämtliche Anfragen vom In- und Ausland an Gemeinde und Kirchen zur Familien- und Ahnenforschung unentgeltlich beantwortet. Er ist der Verfasser der folgenden Bücher, die sich mit der Geschichte und dem Leben in unserer Gemeinde Malsch befassen, und die von der Gemeinde Malsch herausgegeben wurden:

 

            „Malscher Antlitz“ (1987)

            „Malscher Leben“ (1991)

            „Malscher Geschichte(n)“ (2005)

 

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Unter seiner Mithilfe entstand auch das Buch „Heimatkunde für die Stadt und den Landkreis Karlsruhe“ (1987). Herr Wildemann organisierte verschiedene Ausstellungen in Malsch, die überregional beachtet wurden. So zum Beispiel die Ausstellungen „Schlacht bei Malsch am 9.07.1796“ (05.07.1996) und „Zwischen Sensen und Kartätschen“ (03.07.1999).

 

Er war verantwortlich dafür, dass in der Gemeinde Malsch am 14.06.2002 der Heimatverein „Heimatfreunde Malsch“ gegründet wurde, deren Ehrenvorsitzender er ist.

Zahlreiche Ehrungen für sein heimatkundliches Wirken wie die Ehrenmitgliedschaft im Verein „Badische Heimat“ am 25.07.2005 und die Überreichung der Ehrennadel des Arbeitskreises Heimatpflege am 23.05.2006 zeigen, dass Herr Wildemann auch überregional als großer Fachmann und Persönlichkeit gesehen wurde.

 

Die Verleihung des Ehrenbürgerbriefes erfolgte am 16. April 2010.

Diese Verleihung ist Auszeichnung für die hervorragenden und außergewöhnlichen, übre Jahrzehnte hinweg dauernden ehrenamtlichen Einsatz im Dienste der Heimatkunde sowie der Familien- und Ahnenforschung.

 


Im Gedenken an Wilhelm Wildemann

Wilhelm Wildemann
Wilhelm Wildemann

Wilhelm Wildemann gestorben

 

Wer seinen Weg in den letzten Jahren begleitet hat, wusste um den schlechten Gesundheitszustand des früheren Pädagogen, Schulbuchautors und Historikers Wilhelm Wildemann, der bereits seit Jahren gemeinsam mit seiner Ehefrau im Betreuten Wohnen im Marienhaus lebte. Zwischendurch war immer wieder einmal Zuversicht auf eine gewisse Erholung aufgekeimt. Doch ein langes, ereignisreiches Leben hatte die Kräfte aufgezehrt. Und so ist der Malscher Ehrenbürger Wilhelm Wildemann, am Sonntag im Alter von 92 Jahren gestorben.

Noch vor zwei Jahren, anlässlich seines letzten „runden“ Geburtstags, genoss er die große Aufmerksamkeit von Freunden und ehemaligen Schülern und konnte dank seines phänomenalen Gedächtnisses zahlreiche Anekdoten aus seinem Leben zum Besten geben. Dabei erzählte er aus seinem Lehrerleben ebenso gern wie aus seiner Zeit als Handballer beim TV Malsch, dessen Ehrenmitglied er war.

 

Die Gemeinde verliert mit dem Tod von Wilhelm Wildemann einen Ehrenbürger und vielbeachteten Historiker. Er habe, so die Einschätzung von Josef Bechler, langjähriger Vorsitzender der Heimatfreunde Malsch, anknüpfend an die Arbeiten von Lore Ernst, die Aufzeichnung der Malscher Geschichte von den Sechzigerjahren bis zum Beginn des neuen Jahrtausends fortgeführt. Die von ihm mitverantwortete Ausstellung „Schlacht bei Malsch“ zeugt davon ebenso wie seine in vielen Malscher Familien vorhandenen Standardwerke „Malscher leben“, „Malscher Antlitz“ und „Malscher Geschichte(n)“. Anfragen zur Familienforschung, die bei der Gemeinde oder den Kirchen eingingen, hat er jahrzehntelang unentgeltlich bearbeitet. Für seine Verdienste wurde er vielfach ausgezeichnet. Im April 2010 verlieh ihm die Gemeinde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die Ehrenbürgerwürde.

 

Mit dem Tod von Wilhelm Wildemann verlieren die Heimatfreunde Malsch ihren Ehrenvorsitzenden und Gründungsmitglied.

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Trauerfeier Wilhelm Wildemann Freitag, 14. Juni 2013  Friedhof Malsch

 

Liebe Frau Wildemann, liebe Familie Wildemann, werte Trauergesellschaft, 

 

Ende vergangenen Jahres haben die Heimatfreunde anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens im Rathaus eine Ausstellung mit Trachten aus Baden, Württemberg und Bayern gezeigt. Um in diese Ausstellung noch etwas Lokalkolorit hineinzubringen, haben wir uns vorher Gedanken darüber gemacht, ob es eine Malscher Tracht gibt oder gab. Und wie das mit vielen Themen im Dorf so ist: Mancher weiß ein bisschen etwas, hat von jemandem gehört, doch der richtige Ansprechpartner war nicht in Sicht. Was empfiehlt sich in einem solchen Fall? Ein Blick ins „Malscher Leben“, Seite 109ff. Man erfährt dort: der Schwarzwaldverein muss eine Trachtengruppe gehabt haben. Daraus ergab sich sehr schnell der richtige Kontakt, die Malscher Tracht wurde schließlich Teil der Ausstellung.

Lassen Sie mich Ihnen ein weiteres Beispiel aus der Arbeit der Heimatfreunde geben - die im Jahr 2002 auf Anregung von Wilhelm Wildemann gegründet wurden und deren Ehrenvorsitzender er war. Aus den Vereinigten Staaten erreichte uns unlängst auf elektronischem Weg die Anfrage einer jungen Frau. Sie stellte sich als Nachfahrin eines Josef Bechler aus Malsch vor und begehrte Auskunft über ihren 1818 geborenen Vorfahr Bonifaz Bechler. Ratlosigkeit zunächst. Wie können wir der Frau helfen? Doch guter Rat war auch in diesem Fall nicht teuer: Ein freundliches Schreiben mit einer Kopie aus dem Familienstammbaum der ältesten Malscher Familie, zu finden in den von Wilhelm Wildemann herausgegebenen „Malscher Geschichte(n)“ auf Seite 184, konnte zeitnah den Weg nach Amerika antreten. Hatte doch der Autor selbst, neben seiner Arbeit als Lehrer und in seiner Eigenschaft als Historiker, jahrelang unentgeltlich die in Malsch bei der Gemeinde oder den Kirchen eingehenden Anfragen zur Familien- und Ahnenforschung beantwortet.

 

Vor kurzem ist bei Bauarbeiten auf einem privaten Anwesen unweit des Rathauses ein längst vergessener Brunnen gefunden worden. Die Heimatfreunde haben davon erfahren und Fotos gemacht. Dabei stellte sich die Frage nach einer Systematik der Malscher Brunnen. Wo kann man eine solche Übersicht über die „Pump- und Ziehbrunnen, aus denen die Malscher um 1865 ihr Wasser holten“ am schnellsten finden? Sie ahnen es: im „Malscher Leben“, S. 219.

 

Ich könnte die Reihe solcher Erlebnisse bei den Heimatfreunden beliebig fortsetzen. Doch Sie verstehen bereits, was ich Ihnen damit verdeutlichen möchte: die Bedeutung des Schatzes, den uns der engagierte Pädagoge und Historiker Wilhelm Wildemann hinterlassen hat und den es in Zukunft zu bewahren und zu nutzen gilt. Wilhelm hat die Geschichtsschreibung von Lore Ernst, die etwa bis in die Sechzigerjahre reicht, bis zur Jahrtausendwende fortgeführt. Und wenn man sich die dabei entstandene Materialfülle anschaut, den Reichtum an Fotos und Texten, dann bekommt man einen Eindruck davon, was Wilhelm Wildemann für Malsch geleistet hat. Berücksichtigt man außerdem, dass Hilfsmittel wie PC, Bildbearbeitungsprogramme oder Drucksysteme Ende der Achtzigerjahre noch keineswegs Standard waren, dann erst lässt sich der Anteil ermessen, den Sie, liebe Frau Wildemann, an der Arbeit Ihres Mannes gehabt haben.

 

Wilhelm Wildemann hat in seinen Arbeiten große und kleine Ereignisse aus der Malscher Geschichte erstmals beschrieben. Er hat damit begonnen, den jüdischen Mitbürgern ihren legitimen Platz in der Entwicklung des Dorfes zurückzugeben – ein Verdienst, von dem die Heimatfreunde durch die Ausstellung zum jüdischen Leben, den entsprechenden Band des Malscher Historischen Boten, die Stolpersteine und andere Aktionen bis heute profitieren. Das Wirken der Ordensschwestern in Malsch hat er publiziert. Er war es auch, der erstmals dokumentierte, wie Malscher Bürger im Jahr 1940 in den Gaskammern von Grafeneck umgebracht wurden. Heimat bedeutete, in seinen Arbeiten – auch das ein großer Verdienst – die in die Fremde gegangenen Malscher ebenso zu berücksichtigen wie die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, die Neu-Malscher wurden.

 

Zwei viel beachtete Ausstellungen, „Die Schlacht bei Malsch“ (1996) und „Zwischen Sensen und Kartätschen“ (1999) haben seinen Ruf als Historiker auch nach außen getragen. Er wurde vielfach geehrt. Für mich einer der beeindruckendsten Momente war dabei die Verleihung der Ehrenbürgerwürde im April 2010 im Bürgerhaus. Noch heute bekomme ich Gänsehaut, wenn ich mich daran erinnere, wie hunderte von Menschen ihm minutenlang applaudierten und ihm damit ihren Respekt und ihre Anerkennung für seine Lebensleistung zollten. Dass die Ehrenbürgerwürde ihm keine Bürde war, davon zeugte auch seine anschließende Dankesrede.

Man kann nur darüber spekulieren, ob es seine lange Gefangenschaft in Kanada war und die Möglichkeit, diese Zeit durch die Lektüre vieler Bücher zu verkürzen, die ihm den Wert von Bildung vermittelt und den Weg zum Pädagogen vorgezeichnet hat. Tatsache ist jedoch, dass viele seiner ehemaligen Schüler noch heute von ihm und seiner Arbeit schwärmen. Bei der Feier zu seinem 90. Geburtstag taten sie das ausgiebig. Bei dieser Gelegenheit erwies sich Wilhelm auch als glänzender Geschichtenerzähler, der dank seines guten Gedächtnisses aus einem schier unerschöpflichen Fundus schöpfen konnte – ein Fundus, von dem wir als Heimatfreunde jahrelang in Form historischer Details profitiert haben, die nur Wilhelm noch parat hatte.

 

Ehemalige Schüler von Wilhelm Wildemann berichten auch von einem Pädagogen, der sie schon zu ganzheitlichem Denken erzogen hat und mit ihnen Projektunterricht machte, als das im Lehrplan noch längst nicht in Sicht war. „Global“ sei Wilhelm gewesen, erzählt einer von ihnen, also jemand, der es gewohnt ist, über den Tellerrand hinauszuschauen. Dieses Merkmal zeichnet auch seine drei Werke zur Malscher Geschichte aus. Auch seinen guten, gelegentlich selbstironischen Humor haben langjährige Wegbegleiter an ihm geschätzt.

 

Verbunden war Wilhelm Wildemann Zeit seines Lebens auch dem TV Malsch. Die Geschichte des Handballs in diesem Verein hat er als junger Mann mitgeschrieben, als Ehrenmitglied blieb er bis zum Schluss ein aufmerksamer Beobachter des Vereinsgeschehens.

 

Liebe Frau Wildemann, werte Trauergesellschaft, wenn wir uns heute hier zu dieser Feier versammelt haben, dann ist das der gemeinschaftliche Versuch, zu verstehen, was der Verlust von Wilhelm Wildemann für uns bedeutet. Jeder trägt seine ganz persönlichen Erinnerungen an ihn im Herzen und bewahrt sie dort auf. Für die Heimatfreunde und den TV Malsch kann ich Ihnen, liebe Frau Wildemann, versprechen, dass Wilhelm uns auch in Zukunft auf Schritt und Tritt begleiten und er uns auch deshalb sehr nahe bleiben wird. Lassen Sie es mich mit Blick auf das fruchtbare Wirken des Verstorbenen etwas prosaisch formulieren: „Da hat einer im Verlaufe seines Malscher Lebens vielen Menschen und Ereignissen, die sonst längst vergessen wären, ein Antlitz gegeben und zahllose Geschichten über sie verfasst!“

 

Heute Morgen habe ich noch einmal, wie ich das oft tue, in den Büchern geblättert. Dabei fand ich in den „Malscher Geschichte(n)“ einen kurzen Text von Wilhelm, der wie ich finde, gut zu dieser heutigen Feier passt: „Unser menschliches Leben ist unabänderlich und unauflösbar verknüpft mit dem allgegenwärtigen Faktor Zeit. In ihm spielt sich unser ganzes Leben ab. Betreten wir erstmals diese unendliche Schiene der Zeit, so sprechen wir von einem Anfang, beim Verlassen von einem Ende. Dazwischen entwickelt sich unser Lebenslauf. Er verläuft vom Kleinen zum Großen, vom Kleinkind zum ausgewachsenen Menschen, von der Jugend zum Alter.“

Ich selbst spreche manchmal vom Leben als von einem Staffellauf. Bleibt man in diesem Bild, dann hat unser Freund Wilhelm Wildemann mit seinem Tod nun den Stab endgültig an uns weitergegeben. Wir sind aufgerufen, unser Tun zum Wohle der Allgemeinheit in seinem Sinne weiterzuführen.

Wenn ich mich als Vorsitzender ganz persönlich frage, was wir von Wilhelm lernen können, dann ist es unter anderem die Idee des Dienens. Der engagierte Pädagoge und Historiker hat die Dinge nach meiner Einschätzung immer getan, um andere in ihrem Wissen, ihrem Blick auf die Welt zu bereichern. In diesem Sinne wollen die Heimatfreunde auch in Zukunft weiterarbeiten.

 

Liebe Frau Wildemann, werte Trauergesellschaft, als Vorsitzender der Heimatfreunde und langjähriges Mitglied des TV Malsch verneige ich mich vor einem Mälscher, der unglaublich viel für seine Gemeinde getan hat:

„Danke, Wilhelm! Ruhe in Frieden!“.